2024 09 08 (K)eine Geschichte Des Versagens

September 8, 2024 in hardware, fail ‐ 5 min read

Es ist wichtig nicht nur zu zeigen was alles gut läuft sondern auch mal das eigene Versagen aufzuzeigen. Deshalb nachfolgend ein Versagen in mehreren Akten.

Akt 1: setup for failure

Es begab sich aus Gründen, dass ich die Lautstärke meiner Tastatur zu veringern gedachte. Zu Beginn meines Studiums vor nunmehr über 3 Jahren bin ich kurzzeitig in das mechanical keyboards rabbithole abgestiegen und dann dort auch bald wieder rausgekrabbelt. Am Ende meiner Reise entschied ich ich damals für eine Keychron K2.

Eine grau schwarze mechanische Tastatur mit einer roten Escape Taste. Die Tastatur steht auf einem hellen Holztisch.

Es begab sich nun aus Gründen, dass ich die Lautstärke meiner Tastatur zu veringern gedachte. Ich erinnerte mich noch vage an das Rabbithole und wusste, dass es die mechanischen Switches in der Tastatur in unterschiedlichen Farben gibt und das diese Farben mit der Lautstärke der Tastenanschläge korellieren.

Ich bestellte mir also für unverschämt viel Geld “pre-lubed silent” Switches. Switches gibt es in 3 und 5 pin Belegung, wobei die 5 Pins einfach nur zwei weitere Plastiknippel sind, welche den Switch auf dem Board in place halten.

Ich habe ja die Switches vom orginalen Hersteller für mein Tastaturmodell bestellt, da sollte ja also alles passen.

Eine transparente Plastikdose welche quadratische weiße Tastschalter mit braunen knöpfen und Metallkontakten enthält.

Akt 2: The issues begin

Nachdem ich mir ein paar YouTube Videos zum ersetzen der Switches angesehen habe wird mir klar, dass mir ein Switch Removal Tool fehlt. Das ist so eine kleine Zange mit gebogenen Spitzen, mit denen von oben und unten unter den Switch gegriffen wird. Dort befinden sich nämlich keine Plastiknippel, die hereingedrückt werden wollen, bevor an den Switch herausziehen kann.

Kein Problem dachte ich mir… gehste einfach mit anderen Werkzeugen drunter, wird schon passen. Passte nicht. Dann habe ich mir aus meinen diversen Werkzeugsets ein Opfer herausgesucht, welches ich auf dem Altar der leisen Tastatur opfern konnte. Gesagt getan, Leatherman rausgeholt und fertig ist der Ghetto-Switchremover…

Ein geöffneter Leatherman mit Zange und eine Pinzette mit verbogenen Spitzen auf einem Tisch

Aber auch damit wollte sich der Switch partou nicht lösen. Ich versuchte es dann an anderen Switches aber die wollten auch alle nicht. Klebriges Zeug verschüttet zu haben konnte ich mich zwar nicht erinnern aber hey vielleicht war da mal was in den drei Jahren… Das Ganze zog sich jetzt auch schon über eine Stunde hin und solangsam wurde ich etwas genervt.

Da lag ja dieses Leatherman… und in eine Anflug von Charakterschwäche habe ich den Switch einfach beherzt mit der Zange gegriffen und herausgezogen. Naja zumindest zur Hälfte. Turns out diese Dinger sind absichtlich auseinandernbaubar, nur nicht auf diese Weise. Eine Feder und undefiniertes Plastegedöns flog mir entgegen aber die untere Hälfte des Switches steckte weiterhin in der Tastatur.

Naja muss wohl wirklich gut festkleben dachte ich mir… legte die Zange an die Kupferkontakte an und zog… knack, hatte ich den Großteil des Knopfes rausgezogen. Leider steckten die Kupferkontakte noch in der Platine. Ok scheint also wirklich gut fest zu kleben denke ich mir und versuche sie rauszuziehen… und breche sie ab. Wie ein abgebrochener Schlüssel im Schloss steckt da jetzt also was in den Kontakten wo der neue Switch reinsoll…

Nachaufname eines herausgerissenen Switches. Das PCB und die Kontakte aus denen der Switch gezogen wurde sind sichtbar.

Akt 3: The issue

Well fck here we go… muss ich das Teil scheinbar auseinander bauen und mir mal genauer ansehen. Nach dem Pain, dass unterschiedliche Schraubentypen in dem Gehäuse verbaut sind und ich erstmal wühlen musste wo ich so einen micro Imbus herbekomme (danke Keychrome) hatte ich endlich das reine PCB vor mir und da wurde mir schlagartig klar was das Problem ist. Die Switches sind fest verlötet. In meinem jugendlichen Leichtsinn (schön wärs) bin ich davon ausgegangen, dass eine Firma deren haupt Sellingpoint es ist, hochwertige Tastaturen mit wechselbaren Switches zu verkaufen auch nur Tastaturen mit wechselbaren Switches verkauft. Aber weit gefehlt. Das Feature nennt sich “hot-swap”. Die Keychron K2 ist nicht “hot-swap fähig”. Sprich man muss die Swiches alle einzeln aus- und wieder einlöten.

Eine schwarze Platine auf der viele Lötstellen, Dioden und ein Microcontroller sichtbar sind.

Akt 4: Leave all hope ye who enter here

Aber zufällig habe ich eine Heißluft Lötstation hier also ab mit dem Teil auf den Balkon… Kontakte heiß gemacht und die Reste des Alten Switches da rausgeholt. Dann den neuen Switch drauf. Das PCB balancieren, den Switch runterdrücken und gleichzeitig das Lot mit Heißluft flüssig machen… als der Switch endlich drin war, war ich mit den Nerven auch am Ende. Bei der Aktion hat der Switch und die umliegenden Komponenten auch noch was abbekommen…

Nahaufnahme einer Lötstelle, bei der SMD Wiederstand halb abgerissen wurde.

Alles wieder zusammengebaut und… der Key ist tot. Jedes m was ich grade hier getippt habe war ein ctrl+v press…

Akt 5: Ragequit

Ich habe mir jetzt eine Neue Tastatur bestellt… beim Schreiben dieses Beitrages fällt mir grad auf, dass ich einen SMD Wiederstand abgerissen habe. Das könnte das Problem actually fixen…

~~ Mal schauen ob und wann ich mich dem annehme. ~~

Akt 6: SMD Reparatur

Ein paar Tage später habe ich mir das PCB nochmal unter dem Mikroskop angeschaut und mit der Hilfe von H474RD den SMD Wiederstand wieder eingelötet. Die Tastatur blieb leider weiterhin defekt.

Zwei Aufnahmen der Platine der Tastatur unter einem Mikroskop mit Bildschirm. Auf der ersten ist der abgerissene SMD Wiederstand zu sehen. Auf der zweiten ist der wieder angelötete Wiederstand zu sehen. Die Stellen sind mit jeweils einem roten Pfeil markiert.

Eine Aura der Frustration ausstrahlend, bot sich ein elektrotechnik versierter Nerd an, das PCB zu betrachten. Kurz angeschaut meinte er “da fehlt doch eine Diode”.

Vergleich einer Aufnahme der Platine vor dem Auslöten des Switches und danach. Ein roter Pfeil zeigt auf eine Diode die vorher da ist und anschließend fehlt.

Und siehe da, vor dem entlöten des Switches war wirklich eine Diode mehr auf dem Board. Long and behold… nach dem Anlöten einer neuen Diode funktionierte das M wieder.

Akt 7: Aus Alt mach Neu

Inzwischen ist meine neue Tastatur angekommen. Diese reparierte Tastatur (mit den Red Switches und dem einen Brown Switch >:3) wird nun ein neues Leben bekommen. Sie wird an HTW Hackt gespendet. Dort ist sie die Tastatur des Hack-o-mat Infostandes. Aber das ist eine andere Geschichte und soll ein anderes Mal erzählt werden…